Aslı Erdoğan gab am 18. Oktober ein Interview beim Verein Kulturform in Frankfurt. Wir, die International Journalists Association e.V (IJA), nahmen an dem Interview teil, zu dem sie aufgrund ihrer Krankheit über Zoom zugeschaltet war. Aslı Erdoğan betonte die Schwierigkeiten, die sie als Schriftstellerin in der Türkei hat, ihren Prozess der Inhaftierung und ihr Leben in Europa.
Als Frau in der Türkei ist man zwei Schritte zurück
„Wenn man in einem Land wie der Türkei eine Frau ist, ist man zwei Schritte zurück, egal was man tut, vor allem, wenn man Schriftstellerin und mittellos ist“, sagte Erdoğan und wies auf die Schwierigkeiten hin, mit denen Schriftstellerinnen in der Türkei zu überleben versuchen. In einem Interview im Jahr 2019 sagte sie: „Wenn man mich nach zwei Begriffen fragt, um die türkische Gesellschaft zu beschreiben, würde ich Chauvinismus und Frauenfeindlichkeit sagen. Die Türkei ist von einer kulturellen Struktur geprägt, die Frauen hasst, erniedrigt und demütigt.“ Sie fügte hinzu, dass Frauen am meisten unterdrückt werden.
Aus dem Gefängnisprozess soll ein Buch werden
Erdoğan, die viereinhalb Monate in der Türkei inhaftiert war und nach ihrer Freilassung nach Europa zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, sagte, die schwierigsten Tage ihres Lebens seien die im Gefängnis gewesen. Gleichzeitig sagte sie, dass der tiefste Moment, den sie nie vergessen könne und in dem sie gespürt habe, dass sie nicht allein sei, „die Parolen „Asli Erdoğan ist nicht allein“ auf der dunklen Straße, die ich auf dem Weg zum Gefängnis entlang ging, einer der Wendepunkte in meinem Leben war“. In einem Interview mit der Deutschen Welle erklärte Erdoğan, dass es eine ihrer schwierigsten Erfahrungen gewesen sei, über ihre Inhaftierung zu schreiben, und betonte, dass sie dies als eine Schuld gegenüber sich selbst, den Gefangenen und der Literatur betrachte.
„Ich weiß nicht einmal, ob das, was ich getan habe, umsonst war.“
Am Ende des Treffens äußerte sich Aslı Erdoğan pessimistisch darüber, ob ihre Arbeit die Menschen erreicht habe oder nicht, und sagte: „Wenn wir uns die Ereignisse nicht nur in der Türkei, sondern auch in der Welt ansehen, scheint es, dass sich einige Dinge nicht mehr ändern lassen.“