Schon zwei Operation musste der Journalist Mevlüt Öztaş während seines Gefängnisaufenthalts über sich ergehen lassen. Jetzt bekam er auch noch Krebs. Dennoch darf er das Gefängnis nicht verlassen. Wir haben mit seiner Tochter gesprochen.
Von Sevinc Özarslan
Der Journalist Mevlüt Öztaş sitzt seit Februar 2018 im Gefängnis. Er arbeitete früher für die Nachrichtenagentur “Cihan Haber Ajansı” in Uşak. Jetzt kam raus, dass der Mann an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist. “Mein Vater liegt derzeit im Krankenhaus von Ankara Dışkapı. Er hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. Weil eine Operation zu risikoreich wäre, soll er eine Chemotherapie bekommen. Meine Mutter ist dorthin gegangen, aber sie durfte ihn nicht sehen,” erzählt seine Tochter Büşra Öztaş im Gespräch mit BOLD. Der Journalist leide zudem an Asthma, hohen Blutdruck und Nierenproblemen. Zudem habe er im Gefängnis bereits einen Operation hinter sich.
Operation wegen Leistenbruchs
“Mein Vater war zuerst im Gefängnis von Uşak inhaftiert. Dort bekam er seinen Leistenbruch und wollte nicht operiert werden. Aber seine Schmerzen wurden stärker und er ließ sich doch operieren. Die Gefängnisleitumg hat uns nicht informiert. Er hat es uns erzählt, als er vom Krankenhaus wieder ins Gefängnis zurückkam.
Asthma wurde schlimmer, Nierenprobleme tauchten auf
Wegen der schlechten Bedingungen im Gefängnis bekam er auch Nierenprobleme. Gleichzeitig wurde sein Asthma schlimmer. Wegen seiner Krankheiten hatte mein Vater ständig Anträge auf vorzeitige Entlassung unter Auflagen gestellt. Immer wieder wurde das abgelehnt. Später bekam er auch hohen Blutdruck. Während der Gerichtsverhandlungen hat er alle seine Krankheiten vorgelegt und wurde dennoch zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteit. Während der Gerichtsprozess noch anhielt, musste er in Haft sein.
Bart zu lang: Einzelhaft
Weil die hygienischen Bedingungen im Gefängnis von Uşak sehr schlecht sind und weil wir bei unseren Besuchen schlecht vom Gefängnispersonal behandelt wurden, hat mein Vater auf Verlegung ins Gefängnis von Afyon gestellt. Lange Zeit bekam er keine Antwort auf seine Anträge. Monate später wurde er nach Afyon verlegt. Als wir ihn dort besuchen wollten, hatte man uns dort gesagt, dass er in Einzelhaft verlegt wurde.
Beim darauf folgenden Besuch erzählte er uns, dass lange Bärte verboten seien. Weil aber der Friseur tagelang nicht kam, konnte er sich den Bart nicht abrasieren. Später hatte er seinen Bart abrasieren lassen, als der Gefängnisfriseur wieder da war. Er wollte von der Staatsanwaltschaft wissen, ob es Regelungen bzgl. Der Länge von Bärten gäbe. Am nächsten Tag musste er in Einzelhaft.
Vor drei Wochen zweite Operation
Seit einem Monat sind wegen des Coronavirus Gefängnisbesuche verboten. Deswegen können wir nur am Telefon sprechen. Er ruft uns Freitags an. Am 3. April wurde er in die Notaufnahme gebracht. Weil er innere Blutungen hatte, wurde er an der Gallenblase operiert und musste eine Woche im Krankenhaus verbringen. Jetzt sei er wieder im Gefängnis und unter Quarantäne. Wir habe wieder sehr spät erfahren, was ihm widerfahren ist.
„Schwierig zu erfahren, wo er sich befindet“
In der nächsten Woche hat uns mein Vater nicht mehr angerufen. Wir waren in sehr großer Sorge und haben das Gefängnis angerufen. Weil Wochenende ist, könne man uns keine Informationen geben. Dann sagte sie uns nur ´seien sie unbesorgt, er ist im Gefängnis.´ Am darauf folgenden Montag hatte meine Mutter nochmals angerufen und man habe sie mit der Krankenstation des Gefängnisses verbunden. Ein Mitarbeiter sagte uns dort, mein Vater sei am 8. April ins Krankenhaus und anschließend nach Ankara gebracht worden. Welches Krankenhaus das sei, sagte er uns nicht. Einige Zeit lang konnten wir nicht herausfinden, wo sich mein Vater befindet. Später haben wir erneut mit dem Gefängnis telefoniert. Dort hieß es, er sei ins Krankenhaus von Ankara Dışkapı gebracht worden.
Tagelange Ungewissheit
Weil wir nicht wissen, wie es ihm geht, wussten wir auch nicht, was wir tun sollen. Wir haben tagelang versucht irgendetwas über meinen Vater herauszufinden. Weil es auch verboten ist von einer Stadt in eine andere zu fahren, konnten wir ihn nicht besuchen. Am Telefon bekam wir auch keine richtigen Informationen. Das Krankenhaus in Ankara sagte, dass sie Informationen bei persönlichem Erscheinen geben.
Keine Genehmigung für Städtereise bekommen
Wegen der Corona-Krise sind Reisen in andere Städte verboten. Am Ende haben wir aber eine Tages-Erlaubnis vom Landratsamt erhalten. Die Sicherheitsbehörden wollte dennoch eine Bescheinigung, ob mein Vater tatsächlich im Krankenhaus sei. Es hat Tage gedauert, bis wir eine solche Bescheinigung bekommen haben. Krankenhaus und Gefängnis haben sich immer wieder gegenseitig beschuldigt. Am Ende haben wir keines bekommen. Später haben uns die Sicherheitskräfte doch noch erlaubt nach Ankara zu reisen.
Ehefrau darf Kranken nicht sehen
Als meine Mutter dort war, durfte sie ihn nicht sehen. Auch von der Ferne durfte meine Mutter ihn nicht sehen. Die Sicherheitsbehörde haben das nicht erlaubt. Danach sind wir in die Krebsstation gegangen und haben einen Gesundheitsbericht genommen.
“Tumor in einem Risikobereich, Operation ist gefährlich”
Der Tumor ist einem sehr problematischen Bereich. Derzeit sieht es danach aus, dass sich der Krebs in der ersten Phase befindet.
Weil sich der Tumor in der Nähe von anderen Organen befindet, ist eine Operation risikoreich. Sie sagten uns, dass sie die Meinung von anderen Ärzten benötigen. Sie warten noch auf die Meinung von Experten aus Istanbul und vom Universitätsklinikum Hacettepe.
„Er konnte seine Sachen nicht bekommen“
Seit 3 Wochen machen wir das Ganze schon durch. Weil das Geld meinem Vater nicht weitergeleitet wurde, konnte er keine Telefonkarte kaufen und uns anrufen. Ich habe das Gefängnis angerufen und gefragt, warum das Geld nicht an ihn weitergeleitet wurde. Grund sei, dass wegen der Entlassungen viel los sei. Auch seine Kleidung hat er noch nicht erhalten. Wir durften ihm auch kein Bargeld geben.”
Können Sie uns bitte helfen?
Büşra Öztaş möchte die Freilassung ihres Vaters und bittet um Unterstützung. “Können Sie uns bitte dabei helfen, dass wir wieder mit meinem Vater zusammensein können?”
Der Jorunalist Mevlüt Öztaş wurde bei den Ermittlungen gegen Anhänger der Gülen-Bewegung festgenommen. Zuletzt hatte der Familienvater acht Jahre lang für die Nachrichtenagentur “Cihan Haber Ajansı” in Uşak gearbeitet und wurde zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Öztaş ist in Berufung gegangen.
Besonders der Menschenrechtler un Abgeordnete Ömer Faruk Gergerlioğlu (HDP) hatte sich für die Familie eingesetzt und dabei geholfen rauszufinden, wohin der Journalist in Ankara gebracht wurde. “In Ankara muss er wegen der Corona-Pandemie schwierige Tage druchmachen. Er wird dennoch nicht entlassen,” teilte der Abgeordnete zuletzt mit.
Quelle: Sevinç Özarslan-BOLD Medya