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Sicherheit von Journalisten in Zeiten von COVID und Post-COVID: neue Herausforderungen

SERHIY SHTURKHETSKYY / VORSITZENDER DER UNABHÄNGIGEN MEDIENGEWERKSCHAFT DER UKRAINE

Mitte September … In diesen Tagen gedenken ukrainische Journalisten ihrer KollegInnen, die während der vergangenen 20 Jahre bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ums Leben gekommen sind. In diesen Tagen ist es an der Zeit, die Regierung und die Strafverfolgungsbehörden zu fragen, in diesen Tagen ist es an der Zeit, dass wir in unserem berufl ichen Umfeld nachdenken. Wie kann man also seinen Beruf aufrechterhalten und gleichzeitig überleben?

Die Frage der Sicherheit von JournalistInnen hängt eng mit der allgemeinen Situation im Land zusammen, und natürlich wurde die Zunahme tragischer Vorfälle und der Gewalt gegen JournalistInnen im Jahr 2014 in der Ukraine gerade durch die politische Konfrontation und den bewaffneten Konfl ikt verursacht.

Besonders schmerzlich für die Ukrainer ist die Krim, wo die Verletzung der Rechte von JournalistInnen inzwischen System hat und sogar eine Art traurige Unvermeidbarkeit darstellt. Die Jahre sind vergangen und die „heiße“ Phase des Konfl ikts scheint nicht mehr JournalistInnen zu betreffen, aber die Frage der
Sicherheit ist nicht nur die Fähigkeit zu überleben, sondern auch die Fähigkeit zu leben und gleichzeitig im Beruf zu bleiben. Und natürlich ist dies ein komplexes Thema, das nicht nur die physischen Aspekte der Sicherheit von JournalistInnen umfasst.

Unsere Gewerkschaft (Independent Media Trade Union of Ukraine, IMTUU) arbeitet in Zusammenarbeit mit der International Federation of Journalists (IFJ) an der Sicherheit von JournalistInnen in der Ukraine. In welche Richtung geht diese Arbeit?

Erstens haben wir in letzter Zeit damit begonnen, uns mit den Problemen der digitalen Gefährdung von JournalistInnen zu befassen, insbesondere mit denen, die für Online-Publikationen arbeiten. Diskreditierung, Mobbing, Beschämung, Überwachung, Datendiebstahl und fi nanzieller Betrug sind nur einige der Bedrohungen und Probleme, die sich in der digitalen Welt nach den JournalistInnen zu richten scheinen. Aus diesem Grund haben wir darauf geachtet und führen seit 2016 Schulungen zur digitalen Sicherheit durch, und alle Schulungen zur digitalen Sicherheit beinhalten nun auch eine Unterrichtseinheit zu digitalen Fähigkeiten für JournalistInnen.

Übrigens hat der Aspekt der digitalen Sicherheit während der Quarantänezeit mehr denn je an Bedeutung gewonnen und wird natürlich auch in der Zeit nach COVID relevant sein. Schließlich hat der Anteil der Online-Aktivitäten und Online-Informationen in der Welt zugenommen, so-dass die JournalistInnen gezwungen sind, mit diesen Trends Schritt zu halten und sie manchmal sogar zu übertreffen. Daher diktiert die Online-Zeit neue Anforderungen an die Online-Sicherheit.

Zweitens haben wir die schwerwiegenden Auswirkungen der COVID-Situation auf die psychische Stabilität (Resilienz) der Menschen und insbesondere der JournalistInnen erlebt, die große Mengen an Informationen erhalten und verarbeiten. Gefälschte Informationen haben stark zugenommen und auch ihr Einfl uss hat zugenommen, sie wurden sogar als Infodemie bezeichnet – wenn die Auswirkungen von Informationen vor dem Hintergrund einer viralen Pandemie spürbare zerstörerische Folgen haben und nicht nur die psychologische, sondern auch die physische Sicherheit einer Person und der gesamten Gesellschaft bedrohen können. Seit 2011 bieten wir im Rahmen unserer gewerkschaftlichen Sicherheitstrainings gesonderte Unterrichtseinheiten und sogar gesonderte Trainings zur psychischen Belastbarkeit für Journalistinnen an. In den Jahren 2014-2015 zeigte sich die Notwendigkeit, Journalistinnen zu helfen, die im Kriegsgebiet arbeiteten oder die besetzten Gebiete besuchten. Jetzt, mit dem Ausbruch der Pandemie, haben wir erneut die Komponente der psychologischen Sicherheit in unsere Schulungen aufgenommen.

Als Reaktion auf die modernen Herausforderungen für JournalistInnen haben wir daher ein zweitägiges, umfassendes Sicherheitstrainingsprogramm eingeführt, das wir in Zusammenarbeit mit der IJF im Dezember 2020 durchgeführt haben und das wir 2021 zu wiederholen hoffen. Dieses Training wird Schulungen zu den Themen digitale Sicherheit, Rechtskenntnisse, psychische Stabilität, physische Sicherheit und Verhalten bei Massenunruhen sowie die Arbeit eines Journalisten unter Einhaltung der hygienischen Anforderungen bei einer Pandemie umfassen.

Die umfassende Schulung, an der die besten Fachleute aus der Ukraine und dem Vereinigten Königreich teilnehmen werden, hat bereits ein positives Feedback erhalten und wurde zur Grundlage für einen Videokurs über die Sicherheit von JournalistInnen, den wir demnächst der Fachwelt vorstellen werden.

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