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Selbstzensur: Wikipedia in der Türkei unter Auflagen frei

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist in der Türkei seit etwa zwei Jahren nicht mehr erreichbar. Die Sperrung von Wikipedia in der Türkei erfolgte nach einem Beitrag, in dem der Putschversuch vom 15. Juli 2016 in die Wikipedia-Liste “Self-Coup” aufgenommen wurde. In der Liste “Self-Coup” werden Staatsstreiche aufgeführt, die von Machthabern selbst organisiert worden sein sollen, um die Macht komplett ergreifen zu können. Der Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der Türkei ist bislang tatsächlich nicht vollständig aufgeklärt. Doch einige Indizien und auch Aussagen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan weisen auf Kuriositäten hin. So hatte Erdoğan den Putschversuch noch während der heißesten Phase der Ereignisse als “Gottes Segen” bezeichnet. Zudem konnte der Staatspräsident auch keine glaubhaften, bzw. international anerkennbaren Belege über die vermeintlichen Putschisten liefern. 

Seit dem Putschversuch werden viele kritische Sendungen oder Internetseiten verboten. Die Sperrung von Wikipedia im Ausnahmezustand war also nicht besonders verwunderlich. Seit Oktober waren  in der Türkei über 288.000 Webseiten, viele darunter Nachrichtenportale, gesperrt, bzw. nicht zugänglich. 

Wikipedia gehörte zu den größten dieser gesperrten Seiten. Seit der Sperrung kämpfen die Macher von Wikipedia um die Aufhebung der Sperre. Das türkische Verfassungsgericht hat nun der Klage von Wikipedia stattgegeben. Die Sperrung wurde aufgehoben.

Das Verfassungsgericht besteht aus Juristen, die von Erdoğan ernannt wurden. Deshalb war die Entscheidung vorerst als überraschend aufgefasst worden. Doch schon eine kleine Recherche ergab, dass mehr hinter der Aufhebung der Sperrung lag, als vorerst angenommen. So taucht der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nicht mehr in der Liste “Self-Coup” auf. Stattdessen wurde dort der venezolanische Präsident Nicolás Maduro aufgeführt. Mitte des vergangenen Jahres hatte der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó einige Soldaten auf seine Seite gezogen und den seit mehreren Jahren festgesetzten Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. Allerdings kam sein Versuch nur bei einem kleinen Teil der Streitkräfte an. 

Selbstzensur der ausländischen Plattformen 

Die Selbstzensur von Wikipedia kennt man bereits von Netflix. Netflix musste sich 2019 aufgrund homosexueller Inhalte den Richtlinien der türkischen Rundfunkaufsicht RTÜK unterwerfen, weil dem Streaming-Dienst die komplette Schließung drohte. 

Auch Twitter ergreift ähnliche Maßnahmen wie Wikipedia. So sind viele Twitter Profile aus der Türkei nicht erreichbar. 

Die Restriktionsmaßnahmen betreffen vor allem Publikationen, die den Putschversuch vom 15. Juli in Frage stellen und Aufklärungsarbeiten leisten. Teilweise sind sogar die Aussagen des Oppositionschefs Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) betroffen. 

Was ist ein Self-Coup? 

Als Self-Coup (zu deutsch: “Selbstputsch”) bezeichnet Wikipedia eine Form des Putsches, bei dem der Führer einer Nation die nationale Legislative beispielsweise wegen eines militärischen Eingriffs auflöst. Dadurch erlangt er unrechtmäßige und außerordentliche Befugnisse, die er ohne diese besonderen Umstände nicht hätte. 

Quelle:BOLD Medya

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