Pressefreiheit galt in Deutschland bislang als Selbstverständlichkeit. Die Entwicklungen zeigen jedoch, dass Journalistinnen und Journalisten auch bei uns mit Problemen zu kämpfen haben. Die Pressefreiheit muss jeden Tag aufs Neue verteidigt werden.
Es ist noch nicht allzu lange her, da gehörte die Pressefreiheit in Deutschland zu den rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeiten. Journalistinnen und Journalisten konnten ihrem Beruf – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – ungehindert nachgehen und mussten kaum Behinderungen oder gar Repressalien befürchten. Pressefreiheit ist einer der Grundpfeiler unserer Demokratie, das war gesellschaft licher Konsens. Und wenn es doch einmal Angriff e auf die Pressefreiheit gab, dann wurden diese spätestens von den Gerichten abgewehrt.
Diese Zeiten sind vorbei. Der Druck auf Journalistinnen und Journalisten nimmt stetig zu und das hohe Gut der Pressefreiheit muss jeden Tag aufs Neue verteidigt werden. In Teilen der Gesellschaft gehört ein medienfeindlicher Diskurs inzwischen zum “guten” Ton. Medienschaff ende werden als Lügenpresse und Verbreiter von Fake-News beschimpft , als willenlose Erfüllungsgehilfen des politischen und ökonomischen Establishments. Rechtsextremisten rufen zu Kundgebungen vor den Wohnungen von Journalist innen auf, um diese einzuschüchtern und mundtot zu machen. Bei Demonstrationen von Rechtspopulisten, Corona-Leugnern und anderen Verschwörungstheoretikern sind verbale Attacken und Einschüchterungsversuche an der Tagesordnung.
Immer häufi ger werden inzwischen Journalistinnen mit Gewalt an der Arbeit gehindert. “Politische Demonstrationen sind
der gefährlichste Arbeitsplatz für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland”, lautet eine Erkenntnis des European Centre for Press and Media Freedom. Und obwohl Journalistinnen bei dieser Arbeit ein grundgesetzlich verbrieft es Recht in Anspruch nehmen, sehen sich staatliche Stellen off enbar nicht in der Lage, dieses Recht durchzusetzen. Immer wieder sehen Polizisten tatenlos zu und anstatt den Attackierten zu helfen, legen sie ihnen nahe, vom Ort des Geschehens zu verschwinden – eine Bankrotterklärung des Rechtsstaates.
Die Pressefreiheit ins Visier nehmen aber auch andere: Showgrößen und sogenannte Adelige zum Beispiel, aber auch Wirtschaft sunternehmen. Sie versuchen immer häufi ger, Berichterstattung mit juristischen Mitteln zu torpedieren. Für die Medienrechts-Kanzleien ist so ganz nebenbei ein neues Geschäft smodell entstanden. Doch die Pressefreiheit wird immer mehr zu einem kostbaren Gut, das man sich mit der Hilfe von Juristinnen teuer erkaufen muss.
Mitunter müssen Journalistinnen und Journalisten ihr Recht auf Pressefreiheit auch gegenüber dem Staat und seinen Behörden mit juristischen Mitteln durchsetzen. So wie die neun Journalisten, denen beim G20-Gipfel in Hamburg 2017 vom Bundespresseamt die Akkreditierung entzogen worden war. Dagegen haben sie sich erfolgreich gerichtlich gewehrt.
Das zeigt: Der Rechtsstaat funktioniert und in Deutschland ist
es um die Pressefreiheit nicht so schlecht bestellt wie etwa in anderen Ländern, auch in Europa. Doch die Risse werden größer. Wir werden wachsam sein!