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“Ihr könnt weder meiner Kunst, noch meiner Fantasie Grenzen setzen”

Der bekannte Grafikdesigner Fevzi Yazıcı ist seit fast vier Jahren im Gefängnis- aus politischen Gründen. Jetzt werden seine Zeichnungen, die er während seiner bisherigen Haft erstellt hat, in New York ausgestellt. 

BOLD Exklusiv – Schon dreieinhalb Jahre ist es her, dass der preisgekrönte Grafikdesigner Fevzi Yazıcı im Gefängnis ist. Er sitzt aus politischen Gründen hinter Gittern, auch wenn seine Arbeit eigentlich völlig unpolitisch ist. Yazıcı war lange Jahre Chef-Grafiker der türkischsprachigen Tageszeitung “Zaman”, die mit ihrer Nähe zu dem im US-Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen bekannt war. Die türkische Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan wirft Gülen und seinen Anhängern vor hinter dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 zu stecken. Das ist bislang aber nicht belegt. Dennoch: Anhänger der Bewegung werden in der Türkei und in aller Welt von der türkischen Regierung verfolgt.

Yazıcı traf es schon 2016, im selben Jahr, in dem auch sein Arbeitgeber “Zaman” zunächst unter Zwangsverwaltung gesteckt und anschließend gänzlich verboten wurde. Dem heute 47-Jährigen Grafikdesigner wird Teilnahme am Putschversuch vorgeworfen. Sein Arbeitgeber sei ein Instrument gewesen, das die Regierung stürzen wollte. Durch die optische Gestaltung der Zeitung habe Yazıcı diese Wirkung verstärkt. Konkret wird er für einen Animationsfilm der “Zaman” verantwortlich gemacht, worin die Regierung eine versteckte Botschaft für einen Umsturzversuch sah. 

“Willkommen in meiner dunkel-weißen Welt”

Jetzt sitzt der preisgekrönte Grafikdesigner und Layouter hinter Gittern. Im November 2019 wurde er zu 10 Jahren und 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Dort verbringt er die meiste Zeit mit seinen Zeichnungen. Einige dieser Zeichnungen werden nun in der New Yorker Yeh Art Gallery ausgestellt. Teilweise sind aber auch Werke dabei, die er in seinem “normalen Leben” gezeichnet hat. Seine Ausstellung heißt “Dark White”. In einem englischen Text begrüßt Yazıcı die Gäste der Ausstellung mit den Worten “Willkommen in meiner Welt. dunkelweiß. Silivri Haftanstalt, C-9/72 Istanbul, Türkei.” Yazıcı schrieb weiter: “Gott sei dank, es ist so, als  ob ich mein Leben lang für diesen Moment gearbeitet und mich darauf vorbereitet hätte. Ich habe mich selbst immer als Künstler und Journalist gesehen. Ich bin ein Künstler, so unschuldig wie dieses weiße Blatt Papier, auf dem ich gerade zeichne. Ich bin ein Journalist, so frei wie meine Gedanken.” 

“Meine freiesten Werke”

Er habe nur einen schwarzen Kugelschreiber für diese Zeichnungen, dennoch seien diese die “freiesten Werke”, die er je vollbracht hat. Die Zeichnungen sind teilweise auch in der Zeit entstanden, in der er frei war und seiner Tätigkeit in Freiheit nachgehen konnte. Der Rest ist in seiner Zeit im Gefängnis entstanden. Deshalb ist seine Ausstellung in “drinnen” und “draußen” unterteilt. Die Gemeinsamkeit dieser Werke sei deren Unabhängigkeit und Freiheit, erklärt der Layouter.  

Auch das Poster für die Ausstellung hat Yazıcı selbst gestaltet. Er habe den Namen “Dark White” für seine Ausstellung gewählt, weil diese Farben sowohl seine Zelle, als auch das für die Werke benutzte Material repräsentierten. “Ich habe das Weiße seit meinem Eintritt in diese kleine Zelle nie wirklich gesehen, weil die weißen Papiere hier die Sonnenstrahlen nie direkt aufnehmen”, erklärt Yazıcı in seiner Mitteilung: “Ich habe die von den Wänden des kleinen Raumes reflektierenden Lichter nutzen müssen. Deshalb habe ich das weiß meiner Zelle “dunkelweiß” genannt.” Auch sein Werkzeug habe eine ähnliche Geschichte. Er habe zwar von der Gefängnisverwaltung einige Malwerkzeuge angefordert, diese aber nie bekommen. Der Grafiker zeigt sich aber tapfer: “Ich habe nie meine Motivation verloren. Ich versuche immer weiter mit den Werkzeugen zu zeichnen, die mir vorliegen.”

“Sie haben 3,5 Jahre meines Lebens geklaut”

Fevzi Yazıcı schreibt in seinem Text auch über seine Liebe zur Türkei, der Kunst und Journalisten. Er hofft auf eine baldige Verbesserung der Lage. Es gebe noch viel zu tun. Derzeit habe er aber innere Ruhe gefunden. Die größte Verurteilung für einen Journalisten sei es, ihn von seiner Arbeit abzuhalten. Er sei wegen einer Tat im Gefängnis, die er nicht begangen habe. “Sie haben mir, meiner Frau und meinen Kindern 3,5 Jahre gestohlen. Diejenigen, die mich verurteilt haben, wissen selbstverständlich, dass ich unschuldig bin”, so Fevzi Yazıcı, der national und international mehr als 100 Preise für seine Werke gewonnen hat. 

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